Wenn man seine Geschichte im Rückblick erzählt, stellt sich
manchmal heraus, dass tragische Ereignisse und lange Zeiten von Zweifel und Unsicherheit, große, positive Veränderungen hervorbringen. So war das auch mit mir und meiner Reise zur Reitkunst. Ich
habe seit meiner Kindheit mit Pferden zu tun und erhielt lange Zeit "normalen" deutschen Reitunterricht. Da in diesem Unterricht vor allem Handlungsanweisungen aber wenig Erklärungen vorkamen,
verstand ich wenig von dem, was ich fühlte, wenn ich auf dem Pferd saß. Und vieles von dem was ich fühlte, fühlte sich nicht gut an. Zu oft erhielt ich die Anweisung, mich bei Schwierigkeiten mit
harter Hand und stammem Schenkel "durchzusetzen". Irgendwann verzichtete ich auf diese Form von Anleitung. Im Vertrauen auf
mein eigenes Gefühl ritt ich manches Pferd für mein damaliges Verständnis ganz ansehnlich, aber mir fehlte Wissen, um Schwierigkeiten gut
begegnen zu können. Da das Pferd, das ich damals ritt aber massive körperliche Probleme hatte (wie massiv, kannst Du unter "Naidoo" nachlesen), kam ich an den Punkt, wo Reiten uns beiden kaum noch Freude machte. Ich dachte ans Aufgeben, bevor ich bei einem Lehrgang, zu dem ich mitgenommen wurde 2006 Bent Branderup traf. Das war ein
einschneidendes Erlebnis. Ich war "infiziert" und völlig fasziniert von den neuen Dimensionen, die sich mir eröffneten. Von nun an kniete ich mich intensiv in die Lektüre jeder im weitesten Sinne
"klassischen" Reitliteratur und probierte die Umsetzung des Gelernten an jedem Pferd, das mir an die Hand oder unter den Sattel geriet. Von 2006 an besuchte ich
mehrmals im Jahr Lehrgänge mit Bent Branderup. 2011 hatte ich die Gelegenheit ein 3monatiges Praktikum auf seinem Hof Lindegaard in Dänemark zu machen und Unterricht zu erhalten.
Es macht mir große Freude, die positiven Veränderungen bei Pferden und Menschen zu erleben, die sich auf die
Akademische Reitkunst und aufeinander einlassen und daran wachsen. Das brachte mich dazu, das Unterrichten zu
professionalisieren. Seit 2013 wohnen meine Pferde und ich auf Lindegaard, wo man sich ständig unter sehr interessierten und neugierigen Pferdemenschen aufhält und täglich dazulernt.
Wie so viele andere, kam ich durch ein Pferd mit körperlichen Schwierigkeiten in Kontakt mit der Akademischen Reitkunst. Der Araber-Traber-Mix Naidoo (Jahrgang 1996), eigentlich ein Pferd meiner Mutter, litt unter Ataxie und konnte seine Vorderbeine nicht immer normal koordinieren. Wir entdeckten den Schaden an der Halswirbelsäule (aus dem Fohlenalter) als Naidoo 12 Jahre alt war, nachdem er über Jahre zum Stolpern neigte und diverse Diagnosen und Behandlungen keine oder nur vorübergehende Verbesserungen brachten. Aussage der Tierärzte: "Unreitbar. Bodenarbeit? Viel zu gefährlich". Ohne Arbeit (wir habe es versucht), wäre dieses Pferd bald nicht mehr gewesen. Er wurde so schief, dass sich auch die Zähne schief abnutzten und konnte sich immer schlechter bewegen.
Boden- und Handarbeit schufen Abhilfe. Wir haben auch mal mir Pilarenarbeit experimentiert, was ganz schöne Fortschritte für die
Versammlungsfähigkeit und die Handarbeit brachte. Immer wieder habe ich ihn auch geritten, wobei sich aber zeigte, dass dies (wenn überhaupt) nur einen kleinen Teil des Programms ausmachen
sollte.
Naidoo wurde 22 Jahre alt, weil es die Akademische Reitkunst gibt und weil er einen unglaublich starken Geist hatte.
2015 wurde Phileas geboren und ich kaufte ihn als Jährling. Inzwischen hat sich gezeigt, dass er ein sehr spätreifer junger Welsh Cob ist, der im Umgang sehr viel Genauigkeit, Geduld und Humor verlangt. Im Gegenzug gibt er dann aber auch alles um zu gefallen.
Mein Welsh Cob Nebo wurde 2006 geboren und hat mich als 2jähriger auf der Weide als seinen Menschen ausgesucht, als ich eigentlich
gar nicht vorhatte ein Pferd zu kaufen. Nebo hieß damals noch TouchMe - sehr ungünstig zu rufen - und war ein wenig scheu - was auf den Humor des Züchters Joachim Clement schließen lässt. 2010
hat er die Jungpferdeweide verlassen und zeigt mir seitdem täglich, was es noch zu lernen gibt. Nebo ist das erste "unverdorbene" Pferd, dass ich selber nach den Grundsätzen der Akademischen
Reitkunst ausbilde. Ich hatte dass Glück, viel gelernt und nachgedacht zu haben, bevor ich begann ihn auszubilden. Nun galt es das Gelernte gut umzusetzen. Nebos Mitarbeit und seine Fortschritte
in der Ausbildung bestätigen mir jeden Tag aufs neue, dass wir auf einem guten Weg sind. Arbeit mit dem Pferd kann wunderschön sein, auf
jeder Stufe der Ausbildung.
Nebo ist sehr sensibel, hat viel Energie und ist sehr bemüht. Was ihm am Exterieur für das "perfekte" Reitpferd fehlt, das gleicht er aus durch Arbeitseifer und Freude an neuen Herausforderungen.
Und wenn ich mal wieder auf dem Holzweg bin, dann teilt er es mir mit, auf seine ganz eigene Art. Ich habe mir vieles ganz anders vorgestellt... aber schöner könnte es nicht sein!
Leon ist ein spanisches Pferd ohne Papiere. Er wurde 2017 geboren und ich kaufte ihn 2jährig aus Spanien. Er ist ein sehr selbstbewusster, stolzer junger Kerl, der viel Energie hat und gerne
gefallen möchte. Er brummelt, wenn er weiß, dass er etwas besonders gut gemacht hat und hat immer Lust auf gemeinsame Unternehmungen.
Indus ist ein 2007 geborener Frederiksborger. Ich traf ihn 2013 als 6jährigen Hengst bei seiner Züchterin Lene Dursben, die ihren Pferdebestand reduzieren musste.
Ich beschloss, dass dieses Pferd bei mir einziehen sollte. Indus' Alltag hatte in den ersten 6 Jahren daraus bestanden, mit anderen Jungpferden auf die Weide zu gehen, nachts in den sauber
gemisteten, gut gepflegten Stall gebracht zu werden und regelmäßig dem Schmied die Hufe zu geben. Den Hof hatte er einmal für eine Zuchtschau verlassen, ansonsten stand er in Sichtweite seiner
Mutter, hatte alles im Blick und wirkte wie ein souveräner junger Kerl.
Ich unterschätzte die Bedeutung der Umstellung durch den Umzug für ihn gewaltig. Dass er seine gute Kinderstube am neuen Ort
mit anderen Hengsten und wechselnden Pferden in der Nachbarschaft erstmal vergaß, hatte ich erwartet. Es dauerte ein paar Wochen, dann ließ er sich zivilisiert führen und wir konnten mit
Bodenarbeit und Longieren beginnen, worauf er sich auch gut einließ. Im Herbst konnte ich auch beginnen, ihn einzureiten, was keinerlei Schwierigkeiten mit sich brachte. Überhaupt machte er
schöne Fortschritte in der Ausbildung. Was aber anhielt war eine Neigung zur Angespanntheit, auch wenn er wirklich alles tat um zu gefallen und "es richtig zu machen", spürte man, wie er zwar
entspannt AUSSAH, aber innerlich nicht wirklich entspannt WAR. Es fehlte etwas zur echten Losgelassenheit. Diese Anspannung brachte auch einige Koliken mit sich. Aus verschiedenen Gründen zögerte
ich, Indus kastrieren zu lassen, entschloss mich aber im Januar 2016 zu diesem Schritt, den ich nicht bereut habe. Seither ist er verträglicher mit seinem
Kumpel Nebo, deutlich losgelassener und offener geworden. Indus ist ein prächtiges Pferd, das mich vor viele Herausforderungen gestellt hat. Zum Dank darf ich mich jetzt manchmal in seiner Pracht
sonnen ;-)
Für diese Geschichte muss ich mir bei Gelegenheit mal Zeit nehmen. Kurzfassung: Vera ist 2012 geboren, kam 2020 zu mir und ist das beste Muli der Welt.